Freitag, 29. Mai 2009

Auf großer Reise in ferne Welten

Ich feiere Hochzeit mit Polly und Mackie Messer, lausche der Geschichte von Stopfkuchen, kämpfe mit Hildebrand, fahre mit Mutter Courage durch kriegserschütterte Landschaften und verkaufe, was noch zu verkaufen geht, spaziere durch Brand´s Heide und treffe auf Emilia, Edwin, Phillip, Susanna und Heinzchen in den Trümmern des Zweiten Weltkrieges. Jeden Tag eine andere, neue, manchmal mehr, manchmal weniger aufregende Welt, die sich mir offenbart. Ich arbeite mich fleißig durch die Heftchen und Wälzer, mit denen mich der nette Briefträger immer fleißig und zügig versorgt. Bis August muss ich das Tempo halten, werde ich weiter vorm Einschlafen, nach dem Aufwachen, im Seminar, in der Wanne, in der Vorlesung in der Bahn, auf dem Bett,vor dem Liebsten, auf dem Stuhl im Freien, auf der Wiese, neben meinem Hund, während des Essens und in jeder freien Minute lesen. Auf Zwang ein sehr kleiner Abriss deutscher Literatur- und Kulturgeschichte. Und trotzdem gefällt es mir. Es gefällt mir der Geruch eines neuen Buches, das Lesen der ersten Seiten, das erste Urteil fällen, die Mitte zu erreichen, das hineinversinken in die Geschichte, die Zeit, die Personen, das Gefühl wieder ein wenig gebildeter, wieder ein wenig geistig gewachsen zu sein, das Umschlagen der letzten Seiten, das Aufreißen des neuen Buches und das sichtliche Wachsen meiner kleinen Bibliothek. Das einzige Minus dabei plärrt mir mein Konto mit jedem Auszug entgegen - aber es ist ja für die Wissenschaft.

Donnerstag, 21. Mai 2009

Zeit zu Bloggen

Es ist allerhöchste Zeit wieder zu bloggen. Jena ertrinkt im Tränenmeer des Himmels, grölende männliche Geschöpfe ziehen mit Bollerwägelchen und Drahtesel durch die Straßen und ich zerbrech mir den Kopf - Was soll ich berichten?
Ich hatte vor über Flaschenpaule einmal wieder zu schreiben. Ich begegnete ihm an einem warmen Nachmittag. Er stand da wie ein Abbild seiner selbst. Zunächst sah ich nur die schemenhafte Silhouette durch die tief stehende Sonne. Er starrte in die Saale. Menschen liefen an ihm vorbei, doch keiner schien ihn sonderlich zu mustern. Den Mann mit dem immer gleichen blauen Bauarbeiterhelm, der Absperrkette als Gürtel, dem Blaumann und dem, bis zum Rand mit Flaschen gefüllten Ikeabeutel. Ich war etwas perplex, dass er nun auch auf meinem "neuen" Heimweg anzutreffen ist. Jedes Semester einmal - Flaschenpaule.
Ich hatte auch vor über die stillen Örtchen der so hochintelligenten angehenden Denker, Juristen, Lehrer, Dozenten, Theologen und Ärzte zu berichten. Verspürt man doch den Drang nach, während oder vor einer Veranstaltung die Unitoiletten aufzusuchen, stellt man schnell fest, dass diese Örtchen weder still, noch angenehm sind.
Hat man die lange Schlange meist missmutig Dreinschauender überwunden und eine Kabine gefunden, kann man sich hier mit intelligenter Lektüre wie "Auch Hackepeter, wird Kacke später" oder "Nazis sind Fotzköpfe" u.ä. die Zeit versüßen. Dies lenkt allerdings nicht von den Klobrillen ab, die schon katastrophale Ausmaße annehmen. Man könnte meinen es fällt einigen schwer das nicht gerade sehr kleine Loch zutreffen. Andere Klobrillen sind wohl so alt wie die Uni selbst, denn es haben sich wohl Spurrinnen im Laufe der Zeit gebildet. Da drängt sich einem aufmerksamen Beobachter die Frage auf - welches intelligente Hinterteil ist so rau, das es die Brille zerkratzt? Wobei die Kratzer auch vom beliebten Jumbo-Rollen-Altpapier-Klopapier stammen könnten, welches eher unangenehm auf der Haut - oder sowieso alle ist. Sieht man über dies Hinweg, kann man auch den Muff und die öfters leeren Seifen- und Papierspender ausblenden. Alles also relativ.
Ich wollte auch über das Menschen-Beschauen auf dem Campus posten. Kam ich doch zu einem Seminar ,vor Aufregung vor der nahenden Zwischenklausur, viel zu früh in die Uni, hatte ich somit Zeit zum Sonnenbaden, chillen und Menschen beobachten. Es ist eigentlich erstaunlich, dass sich doch hier sämtliche Prototypen aus dem ehemaligen Abijahrgang in irgendeiner Form wieder finden lassen. Die Sportler, die Barbies, die Mathe-Freaks, die Infotypen, die Selbstfinder, die Ökos, die besonders Coolen - von und für jeden was dabei. Jeder bekommt bei mir seine eigene Schublade und ich frage mich beim Einsortieren, in welche ich mich selber einordne - wahrscheinlich zu den ganz Verrückten.
Der große Wasserguss ist vorbei. Es schneit wieder in Jena. Kleine, weiße, weiche Miniwölckchen schweben durch die Luft, setzen sich in Haaren, Kleidung und Bäumen fest. Schön anzusehn - aber lästig loszuwerden. Zum Glück sitz ich im trocknen Zimmer und kann das "Schneetreiben" durchs Fenster ansehn und mich einfach davon träumen.