Donnerstag, 5. Juni 2008

Die Qual der Wahl

Schon seit mehreren Tagen verwandeln sich Campus und Uni-Gebäude täglich aufs neue zu Schauplätzen eines erbitterten Wahlkampfes. Die Wahlen stehen an - ob StuRa, Fachschaftsräte...alles will neu besetzt, gewählt - ja auserkoren werden. Da war es in der Schule mit nur einem Klassensprecher und einem Schülerrat dann doch übersichtlicher. Die Hörsääle, Cafeterien und Mensen werden überschüttet mit tausenden Flyern und Plakaten, durch die sich der wissbegierige, aber doch meist flegmatische Student nie wirklich durcharbeiten kann. Ab und an, in einer langweiligen Vorlesung wird dann zum Flyer gegriffen, kurz überflogen und ihn ein Platz weiter gelegt. Während dessen bauen sich kleine Stände an jeder Ecke auf, um neben einem Kilo neuer Flyer auch noch Kulis, Luftballons, Streichhölzchen, Feuerzeuge, Süßigkeiten oder ausgefallene Dinge wie Zuckerwatte - möglichst alles mit Werbeslogan bedruckt - unter die Leute zu bringen. Leicht überfordert stolpert man dann über den, während den Pausen- und Mittagszeiten eh schon überfüllten Campus, bekommt von rechts und links Werbeartikel in die Hand gedrückt und oben drauf noch einen Wahlspruch per Megafon ins Ohr gebrüllt. Wenn man Glück hat ( oder eben Pech, je nachdem wie man die Sache betrachtet ) kann man diese Sprüche auch noch während der Vorlesungen hören. Denn während sich vorn am Pult ein gestresster Dozent seinen Ausführungen hingibt, wird man auch hier zum Opfer des erbitterten Wahlkrieges. Durch das Wirrwarr an Wahlprogrammen und Zu-Wählenden-Räten steigt der Otto-normal-Student schon lange nicht mehr durch. In einem Stapel von Wahlflyern, die zusammen mit den Flyern zur nächsten Campusparty auf dem Fensterbrett neben mir lagen, pickte ich mir einen während einer Vorlesung heraus, um zu schauen, was mir denn da als freier, mündiger, wahlberechtigter Student so geboten wird. Die Forderungen waren in dicken schwarzen Lettern vom restlichen grau-weißem Design ( was schon wenig einladend ist ) auf der Vorderseite oder in diesem Falle der "Forderseite" postiert. Neben dem Thüringen - Ticket für alle Studenten, was doch eine realistische, gute Sache wäre; wurde für mehr Transparenz in der Hochschulpolitik (an und für sich auch keine schlechte Idee) und unter anderem auch ein elternunabhängiges Bafög von 800 €uro für jeden aufgerufen bzw. geworben. Schon da drängt sich jedem die Frage auf -Wo her nehmen wenn nicht stehlen? Und was damit anfangen? Die Hintergründe zu den Beschaffungsmaßnahmen für diese beträchtliche Summe, sollten dem jungen Lesepublikum auch sofort auf der Rückseite ersichtlich gemacht werden. Dort deckte man fleißig die ganze "böse" und "hinterlistige" Hochschulpolitik auf, in der so viele Gelder übrig seien und viel zu viel verschwendet würde. Kurzer Hand wurde der Flyer wieder beiseite geschoben und eine Notiz für mich gemacht, wer nicht zu wählen sei.
Danach ging es wieder hinaus auf das Schlachtfeld, wo die nächsten Flyer, ausgeteilt durch eifrige Studenten von unterschiedlichsten Gruppen, den Weg in meine Hände fanden, danach jedoch im Müll landeten. Die Kulis, Feuerzeuge, Notizblöckchen - kurz die Werbemittel - nahm ich trotzdem dankend an, sind ja noch zu gebrauchen, und so landeten wenigstens diese in den Unweiten meines Rucksacks.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Melle, ich liebe das wie du schreibst. Echt genial. Da ist so spannend, da möchte man fast dabei sein. Und übrigens finde ich 800€ BaföG auch nicht sinnvoll. Überhaupt gibt es doch viel zu viele faule Studenten, die das ganze Geld größtenteils versaufen würden und nichts mal was dafür tun. Ich reg mich nicht auf. Nein, nein.